Für das Traditionsfest opferten die Kerbeborsche und Kerbemädels gerne ihren Schlaf

Sieben bis acht Stunden Schlaf empfehlen Ärzte als erholsame Nachtruhe. Einige Unterstützer der Kerb verfehlten diese Vorgabe am Wochenende recht deutlich. Das Traditionsfest wird allerdings auch nur einmal im Jahr gefeiert. Und in dieser Zeit gilt für die Weilbacher Kerbeborsche und Kerbemädels ein ganz eigener Tag- und Nachtrhythmus.

„Wir haben letzte Nacht gar nicht geschlafen“, gab Luca Becker zu, nachdem die Traditionsverfechter am Samstag singend auf den Juxplatz in der Schulstraße eingezogen waren. Die Feier am Vorabend habe sich bis spät in die Nacht gezogen, berichtete die Weilbacherin. Anschließend seien die Aktiven ins Kerbelager zurückgekehrt und hätten sich auf die nächste Aufgabe eingestimmt. Es blieb aber nicht viel Zeit. Die Jungs und Mädels rückten nämlich bereits am frühen Morgen wieder aus, um den Kerbebaum abzuholen. Erst danach seien die meisten nach Hause gegangen um für ein paar Stunden zu schlafen, bevor um 16 Uhr die offizielle Kerb-Eröffnung anstand. Wenn man die ganze Nacht auf den Beinen war, sei es kein Problem, für einen Mittagsschlaf abzuschalten, erklärte Becker, die bereits Erfahrung mit dem Party-Marathon mitbringt. Das Vorstandsmitglied des Weilbacher Kerbevereins ist im dritten Jahr als Aktive dabei.

Kerbevadder Nils Endres erlebt gerade sein zweites Jahr im Kreis der Aktiven. Die Führungsrolle einzunehmen, sei eine neue Herausforderung, sagt der 19-Jährige, der die Gesänge der Traditionsverfechter vorgibt. Mit dem Verlauf des Festes ist er bisher zufrieden. Vor allem, der deutliche Zuwachs bei den Aktiven sei erfreulich. Vor zwei Jahren begleiteten nur acht junge Weilbacher die Kerb. In diesem Jahr ist der Zahl auf 19 gewachsen. Ein so großer Jahrgang sei deutlich präsenter, findet Luca Becker. Mit elf Mädels und acht Jungs hat die weibliche Seite sogar die Überzahl. Jetzt fehlt es eigentlich nur noch, dass eine Frau die Führung übernimmt. Vor einigen Jahren gab es bereits einen Jahrgang, der die Verantwortung in die Hände eines Kerbevadders und einer Kerbemudder legte. Dass künftig irgendwann auch mal nur eine weibliche Anführerin den Ton angibt , sei nicht ausgeschlossen, erklärt der Vereinsvorsitzende Matthias Theis auf Nachfrage. „Traditionen verändern sich manchmal“, sagt der Weilbacher. Die Entscheidung liege letztlich beim jeweiligen Jahrgang.

Eine Tradition, die der Kerbeverein auch in diesem Jahr fortgesetzt hat, ist das Aufstellen des Kerbebaums. Nur der Ort, an dem die Kerbeborsche die Fichte abholten, hat sich verändert. Erstmals wurde der Baum im Königsteiner Forst geschlagen. Auslöser waren nicht die Baumschäden im Flörsheimer Wald südlich des Mains. Die Entscheidung, nach Königstein auszuweichen, fiel aufgrund der Afrikanischen Schweinepest. Nachdem ein Wildschwein im Kreis Groß-Gerau positiv auf die Tierseuche getestet wurde, gilt eine Sperrzone, die verhindern soll, dass Tiere aufgeschreckt werden. Die Fahrt der Kerbeborsche in den Flörsheimer Wald sei vor diesem Hintergrund nicht möglich gewesen. „Wir sind nicht immer die Leisesten“, sagt Matthias Theis lachend.

„Falls du fragst, ich bin ein Kind vom Dorf“, beginnt der Refrain des Songs „Dorflove“, zu dem die Kerbborsche und Kerbemädels am Samstagabend tanzten. Die Aktiven traten in diesem Jahr erstmals mit einer Choregrafie beim Kerbetanz auf. Online hatten sie ihren Tanz vorgestellt und die Weilbacher zum Mitmachen aufgefordert. Der Zuspruch blieb aber letztlich überschaubar. Nur zwei Kinder hatten die Tanzschritte gelernt.

Die Nächte mit wenige Schlaf setzten sich für die Aktiven noch bis zur Beerdigung der Kerb am Mittwoch fort. Gestern Abend stand eine Kneipentour auf dem Programm. Heute geht die Weilbacher Kerb um 11.30 Uhr mit dem Mittagessen vor dem Haus am Weilbach weiter. Um 18 Uhr folgt dann der Gickelschlag mit anschließender Hammelversteigerung. Die Traditionsverfechter halten weiter tapfer durch. Die Kondition dafür haben sie allemal. „Für vier bis fünf Tage geht das mal“, erklärt Luca Becker.

Quelle: Höchster Kreisblatt vom Montag, dem 18. August 2024.