Die Kerbeborsch und -mädels haben in diesem Jahr mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen, nicht zuletzt mit einem störrischen Hammel. Doch den Spaß an der Kerb lassen sie sich nicht vermiesen.

Als Kerbeborsch hat man’s nicht leicht. Davon kann Kerbevadder Marco Schaus ein Liedchen singen. Zumindest hätte er ein Liedchen singen können, wenn seine Stimme zur offiziellen Eröffnung der Weilbacher Kerb am Samstag nicht schon völlig kaputt gewesen wäre. Der 18-Jährige brachte nach der Feier am Vorabend nur noch ein schrilles Krächzen hervor. Und dann waren da auch noch die Kinder, die jede Bewegung der Kerbeborsch ganz genau verfolgten. Sie wollten schließlich den Aktiven der Kerb ihre lila Mützen stehlen, um die Kopfbedeckung anschließend gegen eine Belohnung einzulösen. Als Kerbeborsch hat man’s wirklich nicht leicht.

Kerbemädel Liliana Wießmann und der manchmal etwas störrische Kerbehammel „Brexit Aurelius von Weilbach“. Foto: Kröner

Auch der Kerbehammel machte es den Traditionsverfechtern nicht gerade einfach. Der Vierbeiner setzte lieber seinen eigenen Kopf durch und blieb stehen, wenn die Kerbeborsch und Kerbemädels weiterziehen wollten. Sturheit und Eigenwilligkeit passten zum Namen des Tieres: Die Aktiven hatten ihr diesjähriges Schaf nämlich auf den Namen Brexit getauft – Brexit Aurelius von Weilbach, um genau zu sein. Futter und Streicheleinheiten stimmten den pelzigen Vierbeiner im Laufe des Tages zwar gnädig. Dennoch waren die Brexit-Verhandlungen am Samstagnachmittag nicht abgeschlossen.

Vor Herausforderungen stellte die Traditionsverfechter auch der diesjährige Kerbebaum. Der Stamm, den die Mädels und Jungs im Flörsheimer Wald ausgewählt hatten, sei zu lang gewesen, berichtete Marco Schaus. Beim Fällen sei deshalb die Krone abgebrochen. Ein neuer Baum musste her, der den Platz am Weilbach pünktlich zu Beginn des Festes schmückte.

Die Kerbeborsch ließen sich von all diesen kleinen Schwierigkeiten nicht aus der Fassung bringen. Ihre Aufgaben schweißten die vier Mädels und fünf Jungs höchsten noch enger zusammen. Denn trotz fehlender Stimme und störrischem Hammel hatte die Gruppe am Samstag sichtlich Spaß. Marco Schaus kann das Engagement als Kerbeborsch nur empfehlen und wünscht sich, dass der Zuspruch in Zukunft weiter wächst. Denn mit neun Aktiven erholen sich die Kerbeborsch derzeit langsam von der schwachen Besetzung des Vorjahres. 2018 unterstützten nur fünf junge Leute die Weilbacher Kerb. Schaus führt dies auf schwache Jahrgänge zurück. In den Jahren 2000 und 2001 sei die Zahl der Geburten in Weilbach sehr gering gewesen. 

Die besten Voraussetzungen für Nachwuchs bei den Aktiven bieten Familien, die mit der Kerb verwurzelt sind. Sein eigener Vater sei Kerbeborsch gewesen, noch bevor es den Weilbacher Kerbeverein gab, erzählt Marco Schaus. „Wenn man es als kleines Kind schon mitbekommt, wird man auch selbst Kerbeborsch“, glaubt der 18-Jährige. Bei allen anderen hilft nur Werbung. Für das kommende Jahr haben die Kerbeborsch schon die Namen von 16 Interessierten auf einer Liste zusammengetragen. Dabei versuchen sie auch Neubürger zu erreichen – zum Beispiel im Ortsteil Bad Weilbach, wo Marco Schaus wohnt. In der Vergangenheit sei das Kerbeheft nur in Weilbach verteilt worden, sagt der Kerbevadder. Diesmal sei die Werbung bis in den Ortsteil getragen worden.

Aufgrund der schwachen Geburtenjahrgänge legt mancher Mitstreiter eine Extra-Runde ein. Kerbemudder Lena Werner ist bereits zum fünften Mal dabei. Es sei schöner, wenn mehrere Leute mitmachen, weiß die Weilbacherin. Deshalb habe sie sofort zugesagt, als sie gefragt wurde. Im nächsten Jahr sei allerdings Schluss. „Irgendwann muss auch mal Ende sein“, meint die 20-Jährige. Für Marco Schaus geht es hingegen weiter: Wer Kerbevadder war, müsse im Folgejahr noch einmal ran. Dann sei er aber einfach nur Aktiver „ohne Dienst“, betont Marco Schaus. Zunächst interessiert ihn aber erst einmal die nähere Zukunft. Ab Mittwoch muss der Weilbacher nämlich wieder fit genug sein, um seinem Job als Kfz-Mechatroniker nachzugehen. „Auf der Arbeit wird es lustig“, krächzt Marco Schaus, der die ungewohnte Belastung locker nimmt. „Das gehört doch dazu“, weiß der Kerbevadder.

Quelle: Höchster Kreisblatt vom 19. August 2019